600 Euro Bußgeld für den Heimweg!?!

600 Euro Bußgeld für den Heimweg!?!
Linke kritisiert unverhältnismäßiges Handeln der Ordnungsbehörde

Am 13.Oktober sollte eine angemeldete Demonstration „Zivilcourage für Frieden im Nahen Osten“ vor dem Kasseler Rathaus stattfinden. Ein Kooperationsgespräch mit Ordnungsamt und Polizei hatte stattgefunden, doch zwei Stunden vor Beginn wurde die Demo verboten. Für viele zu kurzfristig.
Daher waren um 15 Uhr mehrere Personen vor dem Rathaus.
„Wir folgten der Aufforderung der Polizei den Platz zu verlassen, über 60 Personen wurden von den Einsatzkräften in die Wilhelmsstraße gelotst und dort von der Polizei eingekesselt. Wir durften erst nach Hause nach Feststellung der Personalien“, so Noor Jaber.

Inzwischen sind die ersten Briefe vom Ordnungsamt angekommen. Wegen der Teilnahme an einer verbotenen Versammlung von „15 Uhr bis 15:05 Uhr“ soll eine Geldbuße von 600,00 Euro + 33,50 Euro Verwaltungsgebühr gezahlt werden. Mohamad S. kritisiert: „In einem Moment, wo viele von uns gerade sehen, wie unsere Familien in Gaza umkommen, dürfen wir diesen Schmerz nicht öffentlich teilen. Wir werden in unseren Grundrechten beschränkt und jetzt sollen wir auch noch 630 Euro dafür zahlen. Das ist einfach zu viel!“

Betroffen sind vor allem Migrant:innen. Eingeschüchtert werden alle.

Sabine Leidig, Vorsitzende der Linksfraktion Kassel, hat als Bundestagsabgeordnete viele Demonstrationen als parlamentarische Beobachterin begleitet. Sie sagt dazu: „Das Verbot der Versammlung wäre wahrscheinlich nicht haltbar gewesen, wenn der Anmelder dagegen Rechtsbehelf eingelegt hätte. Das geschah nicht. Von dem Verbot der Versammlung hatten die meisten Teilnehmer:innen, die ihre Betroffenheit über die Situation in Gaza zum Ausdruck bringen wollten, aber gar nichts mitbekommen. Es hat dann auch gar keine Versammlung stattgefunden. Trotzdem wurden mehr als 60 Personen von der Polizei registriert. Eine Ordnungsstrafe für diese Menschen ist wirklich unverhältnismäßig.
Jede/r Betroffene muss sich jetzt individuell gegen Bußgeld und drohende Strafverfolgung verteidigen. Ohne anwaltlichen Beistand ist das schwierig.“

Die LINKE fordert daher die Einstellung der Verfahren.

Diese wurden wurde auf Grundlage des Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz eingeleitet wegen einer angeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. „Das hessische Versammlungsfreiheitsgesetz wurde erst vor ein paar Monaten von Schwarz-Grün beschlossen und scharf kritisiert, weil es voraussichtlich verfassungswidrig ist.
Damit sind das jetzt die ersten Fälle, in denen dieses Gesetz greift und deutlich wird, dass der Interpretationsspielraum zu schnell zu Ungunsten des Rechts auf Versammlung ausgelegt wird,“ so Torsten Felstehausen, Landtagsabgeordneter der LINKEN. Die Klage der Linken Landtagsfraktion gegen das hessische Gesetz läuft noch. In Frankfurt war ein Versammlungsverbot vom Verwaltungsgericht bereits gekippt worden, weil das Gesetz als verfassungswidrig gewertet wurde.