Wie verkehrssicher ist der Stern? (von Soumya Belabed)

Am 23.09.2024 lud Die Linke in der öffentlichen Fraktionssitzung zur
Begehung des Sterns, mit Vertreter:innen des Behindertenbeirats,
Senior:innenbeirats, Ausländer:innenbeirats, Ortsbeirates, Anwohner:innen
und dem Studio Raamwerk, ein.

Soumya Belabed zeichnet nach, wie verkürzt die Antwort von CDU, SPD und
B90/Grüne, auf das mitgeteilte Sicherheitsbedürfnis der
Stern-Unternehmer:innen mit Migrationsgeschichte in 2013, war. Die CDU
fokussierte ohnehin bis 2009 die Videoüberwachung am Stern und B90/Grünen
setzten mit SPD eine Polizeibewertung obendrauf. Sicherheitsdiskurse, die
benachteiligte junge Menschen mit enorm hohem sozialpädagogischen
Unterstützungsbedarf, marginalisieren und kriminalisieren, finden in Kassel
hierdurch zunehmend Raum.

Lediglich drei Ortsbeiräte, Die Linke, die Piraten und freien Wähler,
trugen ab 2017 den Fokus der Lebensqualität für Menschen in das Thema rein.
Zeitgleich forderte Die Linke den Magistrat auf, die Fußgänger:innenzone
bis zum Holländischen Platz zu verlängern (siehe Linksfraktion, 2017).

Violetta Bock weist auf die in Kraft tretende Waffenverbotszone hin und
entgegnet dem, dass eine Fußgänger:innenzone sowohl das Wohl fördern und
einen sicheren Raum, durch soziale Kontrolle für alle Menschen, gewähren
würde.

Das vom Studio Raamwerk initiierte Freiluft-Experiment machte ihre These
erfahrbar. 2021 wurde ein Verkehrsstopp umgesetzt. Raum für Menschen, Kunst
und Sportangebote wurde für vier Wochen geschaffen. Anwohner:innen
bedankten sich, dass sie nicht mehr unter dem Verkehrslärm und der giftigen
Luft leiden mussten und besser schlafen konnten. Kinder freuten sich, dass
sie nun auf der Straße spielen konnten.

„Der Stern soll autofrei werden! … Es bleibt kein Platz für Umsteigende“,
so die Gäst:innen.

Der kreativ durchdachte Stern offenbart sich an den Zielkonflikten der
Infrastruktur, zwischen ausreichend Platz für Querungsinseln oder
Fahrgäst:innen. Hier sei jedoch in etwa fünf Jahren eine Neuerung geplant.
Es wurde schon ein Fußgänger:innen-Konzept im Behindertenbeirat
vorgestellt.

Als Knotenpunkt für die öffentlichen Verkehrsmittel soll der Stern
erhalten bleiben, doch seien entlastende Umleitungen über den Steinweg
denkbar, so das Ergebnis der gemeinsamen Begehung. Die Sitzung wurde
stetig von Kurven kratzenden Straßenbahnen unterbrochen. Zu den 7.200
durchfahrenden Fahrzeugen pro Tag, eine enorme gesundheitliche Gefährdung
für Anwohner:innen.

Wer Lust auf einen Real-Life-Parcours hat, sollte sich das Konzept am Stern
Kassel anschauen. Alle Querungen folgen ihrer eigenen Logik und gleichen
einem Jump & Run Spiel. Wenig amüsant für Rollstuhlfahrer:innen: mit den
schmalen und holprig gepflasterten Wegen ist die Querung weder über die
Schienen am Stern, noch über den Altmarkt sicher passierbar.

Sabine Leidig, Fraktionsvorsitzende der Linken, wies darauf hin, dass eine 30
km/h Zone und eine Halbierung der Fahrspuren – vom Altmarkt bis zum
Lutherplatz – die Verkehrssicherheit für alle, ob zu Fuß, mit Rollstuhl oder
Rad, umgehend und kostengünstig verbessert.

Samson Kirschning von Raamwerk schloss die Veranstaltung mit einem
visionären und rückblickenden Kurzfilm des Freiluft-Experiments ab, welches
nur durch die gute Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und
Zivilgesellschaft umgesetzt werden konnte. Die Chancen für eine
langfristige Umsetzung stehen gut, es braucht jedoch eine klare
Aufforderung von Anwohnenden und Geschäftsleuten vor Ort, damit die
Verwaltung aktiv wird und die Vision Wirklichkeit werden kann.

Mit Unterstützung von Aktivist:innen kann die Linksfraktion den Auftrag
annehmen und wird den Magistrat gerne dazu auffordern, das
Freiluft-Experiment fortzuführen.