Resolution #WirFahrenZusammen: Besserer Nahverkehr für Kassel

Die Stadt Kassel bekennt sich als „Stadt der nachhaltigen Mobilität“ und unterstützt die Ziele der Petition #WirFahrenZusammen. Die Stadtverordneten wollen Mobilität im Sinne von Lebensqualität, Klimaschutz, sauberer Luft und guter Arbeitsbedingungen zukunftsfähig gestalten. Unsere Vision: Nachhaltige, bezahlbare und komfortable Mobilität für alle. Die Stadtverordnetenversammlung fordert daher von Bund und Land die Mittel für eine Verdopplung der Fahrgastkilometer im Nahverkehr und für bessere Arbeitsbedingungen zur Fachkräftegewinnung.

1. Finanzierung: Die Stadt Kassel fordert eine umfassende Investitionsoffensive auf allen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) durch eine Verdopplung der Mittel für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

2. Ausbau: Die Stadt Kassel strebt einen signifikanten Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV hin zu mehr Attraktivität und Verlässlichkeit an. Ziel ist es, die CO2-Emissionen im Verkehr bis 2030 deutlich zu reduzieren und dafür die Fahrgast-Kilometer im Nahverkehr zu verdoppeln. Dazu werden Taktverdichtungen und neue Linien mit mehr Fahrzeugen genauso wie attraktive Ticketpreise angestrebt.

3. Personal und Arbeitsqualität: Die Stadt erkennt an, dass der aktuelle Personalmangel den ÖPNV-Ausbau behindert und für eine angespannte Situation bei den Beschäftigten sorgt. Um mehr Menschen für eine Mitarbeit im Nahverkehr zu gewinnen, müssen neben auskömmlichen Entgelten zunächst zeitgemäße Arbeitsbedingungen ihren Niederschlag in den Dienstplänen finden. Die Stadtverordneten sehen die Notwendigkeit zusätzlicher Bundesmittel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zum Aufbau der Beschäftigung. Schon jetzt wird der Magistrat gebeten, in regelmäßigen Abständen mit der KVG Programme zur Ausbildung von Fachkräften vor allem im Fahrdienst aufzulegen und für die Finanzierung notwendiger Qualifizierungen zu sorgen.

4. Klimagerechte Verkehrsplanung: Die Stadt Kassel setzt auf klimagerechte Verkehrsplanung, bei der eine menschenverträgliche und emissionsarme Mobilität zu Fuß, per Rad und mit Bus und Bahn im Vordergrund steht. So soll die Aufenthaltsqualität unserer Stadt beträchtlich gesteigert werden. Diese Fokussierung soll sich auch in der geänderten Zuteilung von finanziellen und personellen Ressourcen widerspiegeln.

Die Stadt Kassel beschließt diese Resolution als ergänzende Grundlage ihrer Verkehrspolitik und fordert die hessische Landesregierung und die Bundesregierung zur aktiven Unterstützung und Mittelbereitstellung auf.

Die Stadtverordnetenversammlung setzt sich in der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2030 und des Nahverkehrsplans Stadt Kassel das Ziel, den ÖPNV-Anteil an der gesamten Verkehrsleistung von 20% (2018) auf 40% der insgesamt zurückgelegten Kilometer bis 2030 zu steigern.

Dazu fordert die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat auf, die am 13. Dezember 2021 beauftragten Umsetzungskonzepte u.a. zu ÖPNV-Ausbau inkl. Taktverdichtung und zu ÖPNV-Tarifen (Vorlage 101.19.54) für das Integrierte Maßnahmenpaket Mobilität baldmöglichst im Ausschuss für Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr zur Diskussion und Beschlussfassung vorzulegen.

Begründung:

Bus & Bahn ermöglichen nicht nur Kindern, älteren und mobilitätseingeschränkten Personen die notwendige Mobilität in unserer Stadt: Laut Evaluationsbericht des Verkehrsentwicklungsplans besitzen über 27% der Kasseler Haushalte keinen Pkw (Stand 2018). Der Nahverkehr bringt zahlreiche Beschäftigte zu ihren Arbeitsstellen und stellt einen wichtigen Faktor für den Wirtschaftsstandort Kassel dar. Der ÖPNV ist also wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. So entstehen der Stadtgesellschaft beim Ausbau des Nahverkehrs deutliche Vorteile durch verringerte Zeiten im Stau, weniger Luftschadstoffe und effizientere Betriebsabläufe sowie abnehmende Unfallzahlen. Auch der Verkehrsfluss im Stadtgebiet verbessert sich für alle Verkehrsarten bei einer höheren Nutzungsquote im Nahverkehr. Außerdem können so Staus im Berufsverkehr sowie zum Schichtwechsel in den städtischen Gewerbegebieten abnehmen. Dennoch erfolgte laut dem Bericht zur Radverkehrsförderung immer noch der absolute Großteil des Personalaufwands im Straßenverkehrs- und Tiefbauamt mit 77% (PKW: 68%, LKW: 9%) im Jahr 2021 für den Kfz-Verkehr, hingegen nur 5% für den ÖPNV (Rad: 2%, Fußverkehr: 17%). Im Sinne des Klimaneutralitätsbeschlusses 2030 und des Koalitionsvertrages ist eine Angleichung der Planungskapazitäten im Sinne einer Gleichberechtigung aller Verkehrsarten nötig.

Der ÖPNV bietet im Vergleich zum Fuß- und Radverkehr die besten Voraussetzungen für das Erfüllen der Mobilitätsbedürfnisse bei Strecken über 5 km Länge, die bisher mit dem Auto zurückgelegt wurden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Verdichtung des Angebots in den Außenbezirken und eine verbesserte Anbindung des Umlandes. Von 2014 bis 2022 haben allerdings die Fahrplankilometer weitgehend stagniert (7,2 Mio. km 2014 zu 7,4 Mio. km 2022). Eines der im Dezember 2021 beauftragten Gutachten entwickelt daher Detail-Pläne für den weiteren Kasseler ÖPNV-Ausbau, ein weiteres zur Weiterentwicklung der Tickets und Tarife. Die Ergebnisse sollten baldmöglichst vorgestellt und deren Umsetzung beschlossen werden, sodass anschließend auch zeitnah weitere Fördermittel beantragt werden können.

Um für eine Verdoppelung des ÖPNV bis 2030 zu sorgen, gibt es nach dem Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ einen jährlichen Investitionsbedarf von 16 -18 Milliarden Euro. Davon sollen bisherigen Schätzungen zufolge neue Infrastruktur und Fahrzeuge mit 7 Milliarden Euro finanziert werden, die Barrierefreiheit und Digitalisierung mit etwa 2 Milliarden Euro ausgebaut und die nötigen Mittel für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Schaffung weiterer Arbeitsplätze etwa 7 Milliarden Euro.

Durch die Arbeitsverdichtung bei den Beschäftigten ist die Arbeitsbelastung, das Stresslevel und in der Folge der Krankenstand deutlich gestiegen. Aktuell ist daher bereits für den reibungslosen Betriebsablauf der KVG eine der größten Hürden das Halten und die Gewinnung von Fahrer*innen der Busse und Trams. Daher unterstützt die Stadtverordnetenversammlung das Ziel, die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Insbesondere gilt es, die Regelungen für „geteilte Dienste“ mit ihren unbezahlten Unterbrechungen zu verbessern, Ruhezeiten von mindestens 13 Stunden zwischen zwei Diensten sicherzustellen, die wöchentliche Regel-Arbeitszeit aufgrund der hohen Belastung durch Schichtdienste auf bspw. 35 h/Woche anzupassen und Sonderzahlungen vorzusehen. Entsprechende Verhandlungen finden aktuell auf Landesebene zum Tarifvertrag Nahverkehr statt. Die Stadtverordneten unterstützen diese Forderungen der Beschäftigten der KVG. Für eine zuverlässige und zukunftsgerichtete Nahverkehrs-Infrastruktur ist klar: guter Nahverkehr geht nur mit guten Arbeitsbedingungen.

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