Stadtverordnetenversammlung am 12.12.2022

Spätestens die diesjährige Haushaltsdebatte in der Stadtverordnetenversammlung hat den Wahlkampf zur Oberbürgermeisterwahl eingeleitet. Deswegen kommt diesmal ein etwas längerer Bericht. Zusammenfassend lässt sich sagen, der OB-Wahlkampf hat begonnen.

Die OB-Kandidat*innen greifen sich an unterstellen sich gegenseitige Intransparenz und verkaufen Haushaltserfolge als ihre, obwohl die Initiative aus der Kasseler Stadtgesellschaft kam. Die derzeitige Koalition agiert und argumentiert mit einer überragenden Selbstgerechtigkeit, die ihres gleichen sucht. Aber Anträge die sich konkret mit sozialer Gerechtigkeit, Armutsbetroffenen, der Klimakrise oder den Inflationsfolgen beschäftigen werden flächendeckend abgelehnt und nicht ernst genommen!

Violetta Bock macht klar, dass die breite Zustimmung zum Haushalt lediglich daran liegt, dass die alte Koalition noch daran mitgearbeitet hat und die neue Koalition ihn gemeinsam zu ihrem Wohlwollen verändert hat. Allerdings bleibt der Haushalt in diesen Krisen, wie der Klimakrise, Inflation, Krieg, Armut viel zu weit hinter der Realität. Es braucht kein “weiter so”, sondern ein vorausschauender sozialer Blick in die Zukunft. Die Überlastung bei Arbeitnehmer*innen ist zu spüren, während im Haushalt lediglich 5% Tariferhöhung geplant sind hoffen wir auf 10% Tariferhöhung! Auch die Neuschaffung von Kitaplätzen sind lediglich eine Reaktion auf unsere Initiative, denn immer noch stehen 955 Kinder auf Wartelisten. Wir bemängeln das schon lange und jetzt endlich kommt die Stadt ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach. Das ist nichts lobenswertes, sondern Pflicht.

Während Übersetzungen zurzeit immer noch von ehrenamtlichen Freunden oder Familienmitgliedern gemacht werden, fordern wir das zweite Jahr in Folge die Einrichtung eines kommunalen Dolmetscherpools mit anständiger Entlohnung. Das zweite Jahr in Folge wird unser Antrag abgelehnt, obwohl vor allem prekär lebende Menschen unter der jetzigen Situation leiden. Violetta eröffnet die Hoffnung, dass die Koalition vielleicht nächstes Jahr endlich mal die Relevanz dessen verstehen. Gerade diesen Winter muss die Stadt Kassel zusammenhalten, wir dürfen vor allem diesen Winter nicht sparen. Wir müssen nun genau das Gegenteil von Corona machen und uns zusammenschließen, kollektive Angebote schaffen um solidarisch durch den Winter zu bekommen. Statt Pakete zu beschließen, die nur gut verdienenden Menschen helfen, von denen keine Sozialhilfeempfänger*innen oder Geflüchtete etwas haben werden. Wir müssen die Bürgerhäuser öffnen und ehrenamtliches Engagement entlohnen. Für Menschen mit Sozialleistung den ÖPNV kostenlos gestalten. Die anderen Parteien lehnen diese Anträge natürlich ab. Violetta Bock kritisiert zudem, dass die Stadt Kassel sich mit einem Klimaschutzrat profiliert ohne Geld für die Umsetzung der Maßnahmen einzuplanen. Der Klimaschutzrat hat gute Ideen und konkrete Vorschläge um eine Klimaneutralität bis 2030 zu erreichen, die Koalition plant allerdings kein Geld im Haushalt zur Umsetzung dieser Maßnahmen ein. Stattdessen soll zusätzliches Geld für die Wirtschaftsverbände zur Verfügung gestellt werden, die aus dem Klimaschutzrat ausgetreten sind. Die Koalition mit den Grünen wollen also lieber kapitalistische Unternehmen unterstützen als notwendige Maßnahmen für den Kilmaschutz zur Verfügung zu stellen.

Sven Schöller ist OB Kandidat der Grünen und greift Christian Geselle an, indem er ihm fehlende Kommunikation unterstellt und räsoniert gleichzeitig von gemeinsamen politischen Zielen der Stadtverordnetenversammlung. Verkauft allerdings gleichzeitig den Antrag zu freien Menstruationsprodukten als ihre Idee und verschweigt völlig, dass diese Initiative von Kasseler Schüler*innen schon vor Monaten kam. Statt diesen einfach anzunehmen und einzubringen wurde dieser abgelehnt, weil “da kommt noch einer von der Koalition”. Ebenso wie die Stadt für die Zuschüsse an T*räumchen zu loben ist einfach nur ein Schmücken mit fremden Federn. Ohne unseren Änderungsantrag hätte T*räumchen 50.000 Euro zu wenig bekommen, weil keine der anderen Fraktionen diese Initiative auf dem Schirm hatte. Die Politik der Grünen hat sich in der heutigen Debatte klar gezeigt: Intransparenz vorwerfen und selbst intransparent arbeiten und sich mit fremden Federn schmücken.

Während Ron Henrik Hechelmann von der SPD den Haushalt von Geselle verteidigt und abstreitet, dass sie soziale Hilfen per Gießkannenprinzip auszahlen, fragt man sich schon wo die Einigkeit der der SPD herkommt. Gleichzeitig schwadroniert Herr Hechelmann schon über eine weibliche Oberbürgermeisterin und meint damit wohl die Kandidatin der SPD. Ansonsten gab diese Rede wenig her.

Die FDP kritisiert, dass die SPD von Anfang an zu wenig für Lohnerhöhungen geplant hatte und der Haushalt so von Anfang an falsch geplant war. Die FDP erzählt, dass sie einen Schul-Kulturtag einführen. Dass der Antrag erst diese Woche im Ausschuss ist, zeigt wieder mal wie eingebildet die Koalition von FDP, CDU und Grünen ist. Ihre Erfolge werden vor Debatte und Abstimmung gefeiert, so sieht demokratische Willensbildung also für die Koalition aus.

Jenny Schirmer betont, dass die Stadtverordnetenversammlung erneut Änderungsanträge der Ortsbeiräte ablehnt. So wundert es nicht, dass die Ortsbeiräte teilweise gar keine Änderungsanträge mehr einreichen. Und obwohl die Ortsbeiräte die Expert*innen für ihren Ortsteil sind, nimmt die Koalition deren Expertise einfach nicht ernst. Von einer ernst gemeinten Verkehrswende oder Schulsanierungen, Sanierungen von Bürger*innenhäusern oder städtische Sozialarbeiter*innen ist gar keine Rede. All diese Anträge werden abgelehnt, ein Armutszeugnis für diese Stadtverordnetenversammlung.

Sabine Leidig fordert, dass die Stadt Kassel nicht nur Vereinen Zuschüsse zu den gestiegenen Energiekosten zahlt, die bereits einen Kooperationsvertrag mit der Stadt haben. Auch Vereine, die bisher noch nicht mit der Stadt kooperieren brauchen die Möglichkeit Zuschüsse zu bekommen, wenn sie sinnvolle Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die diesen Winter gebraucht werden. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Ob es der Koalition und der SPD hier um eine Bevorteilung von Kooperationsvereinen geht, oder um einen Ausschluss des kurdischen Vereins ist unklar. Im Ausschuss wurde bei unserem Antrag den kurdischen Verein zu bezuschussen nämlich in Zwiegesprächen schon angemerkt, dass es inhaltliche Probleme mit dem kurdischen Verein gäbe. Neue oder noch nicht etablierte Vereine, sowie viele migrantische Vereine werden durch den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung jedenfalls klar benachteiligt. Das ist eine absolute Frechheit, leider aber auch nicht verwunderlich.

Haushaltsrede von Violetta Bock:

Jenny Schirmer zu den Änderungsanträgen der Ortsbeiräte in der Haushaltsdebatte 2023. Stadtverordnetenversammlung am 12.12.22.:

Sozialwohnungsquote erhöhen, Verkehrsversuche für Kassel

Unsere Anträge zur Sozialwohnungsquote und der Antrag der Koalition zu Verkehrsversuchen wurden auf eine Sitzung im neuen Jahr geschoben. Es bleibt also spannend.