Stadtverordnetenversammlung am 12.6.23

Die Tagesordnung war vergleichsweise kurz und versprach ein schnelles Ende der Sitzung. Dass es anders kommen würde, zeichnete sich erst spät ab. Bei Fahrradabstellanlagen und Bildung bestand dann doch viel Redebedarf. Somit wurde es trotz kurzer Tagesordnung eine emotionale und teilweise sehr lautstarke Stadtverordnetenversammlung. Hat etwa der Wahlkampf schon begonnen?

In der Fragestunde zu Beginn der Sitzung gab es viele gemischte Themen. Spannende Erkenntnisse waren u.a., dass die Beleuchtung im Bergpark von der Stadt Kassel gezahlt wird, genauso wie die Beleuchtung des Fridericianum, der Neuen Galerie usw. Dies sei vertraglich festgelegt.

Zur Toilettenanlage im Nordstadtpark, sagte Stadtbaurat Nolda, er würde das gerne noch in seiner Amtszeit fertigbringen. Seine Amtszeit endet dieses Jahr im Herbst/Winter.

Und auf die Frage, ob es notwendig sei einen Sightseeing-Bus durch die Fahrradstraße Goethestraße fahren zu lassen, hat sich Nolda mehr an der Definition des Begriffs notwendig aufgehalten statt das wirkliche Problem dahinter anzugehen –  was bedeutet Anlieger frei und wer kontrolliert das? Kurzum, laut Stadtbauart Nolda ist das voll okay, dass ein Sightseeing-Bus durch eine „Anlieger frei“ –Fahrradstraße fährt – Fahrräder haben schließlich Bremsen.

Nun zu den einzelnen Anträgen:

 

Kommunale Altenhilfe, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Beim Tagesordnungspunkt 7. „Kommunale Altenhilfe“, eine Magistratsvorlage, waren sich noch alle einig. Altenpflege ist wichtig und geht uns alle an.  Auch wir sind für die Zustimmung der Vorlage, auch wenn die großen Baustellen nicht thematisiert werden: Die Familie als Hauptpflegende werden nicht genannt. Meist sind es jedoch die Frauen, die Pflegearbeiten leisten. Gleichzeitig sind immer mehr Frauen erwerbstätig und in ihrer „Freizeit“ müssen sie Sorgearbeit, wie u.a. die Pflege von Angehörigen erledigen. Hier fehlt eine Entlastung.

Gleichzeitig bricht das Geschäftsmodell der privatisierten Altersversorgung zusammen – Es lassen sich keine Millionengewinne mit private Altenpflegeheimen verdienen. Das zeigt die Insolvenz von Convivo in Kassel.

 

Energetische Quartierskonzepte für den Stadtteil Jungfernkopf, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Auch bei Tagesordnungspunkt 8. „Energetische Quartierskonzepte für den Stadtteil Jungfernkopf“ ebenfalls eine Magistratsvorlage, herrschte Einigkeit. Alle Fraktionen begrüßten die Initiative und das dadurch entstandene Konzeptpapier. Außer natürlich Herr Dreyer von der AFD.

Die Vorlage beinhaltet ein regional erarbeitetes Konzept zur Energiewende dezentral und unter breiter demokratischer Beteiligung. Die Idee stammt aus dem Ortsbeirat und soll Vorreiter für andere Kasseler Stadtteile sein. Das Konzept wurde in vielen Veranstaltungen und Workshops erarbeitet. So sind die Bedürfnisse und Ideen der Menschen aus den Stadtteilen in den Bericht eingeflossen. Gerade dieses Stadtrandgebiet mit hoher Autodichte hat durch die Erarbeitung des Konzepts eine Wiederbelebung des kommunikativen Sozialraums erfahren.

Auch hier kann dieses Konzept ein guter Vorreiter für andere Stadtteile werden. Deswegen stimmen wir gerne zu.

 

Balkonkraftwerke, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Bei Tagesordnungspunkt 10. Balkonkraftwerke, ein Antrag der Koalition, endete die Einigkeit.  Wir begrüßen grundsätzlich mehr Balkonkraftwerke. Der Antrag der Koalition sieht eine monetäre Förderung von Balkonkraftwerken von 150 € vor. Diese Förderung bekommen wieder diejenigen, die ohnehin genug Geld haben. Das ist kein Beitrag zur Energiewende oder für den Umweltschutz, sondern einfach nur ein Zuschuss für diejenigen, die es nicht brauchen. Genauso wie bei der E-Autoförderung, E-Lastenradförderung usw. Das ist Politik für Besserverdiener:innen und Hauseigentümer:innen. Diejenigen Hausbesitzer:innen mit Dach sollen sich Photovoltaik aufs Dach tun.
Vielleicht wäre es sinnvoller erstmal die städtischen Gebäude mit Photovoltaik zu bestücken, bevor Gießkannenmäßig die nächste unüberlegte Förderung beschlossen wird. Zumindest soll für Transferleistungsbezieher:innen geprüft werden, ob eine höhere Förderung möglich ist. Wie das genau aussieht, ist jedoch unbekannt.

Eine Förderung muss v.a. dort gegeben werden, wo es nötig ist. Wir haben daher einen Änderungsantrag gestellt. Unser Änderungsantrag fand Zustimmung bei der SPD und natürlich uns, das ist zu wenig.

Daher lehnen wir den Antrag ab, ganz nach dem Motto „Keine Geschenke für Reiche!“.

 

Evaluation der neuen Fahrradabstellanlagen, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Die SPD hat das Thema Fahrradabstellanlage auf die TO gehoben, damit sich alle nochmal positionieren können. Gefordert wurde das Verfahren transparenter zu machen. Die Gemüter erhitzten sich als Frau Koch (Grüne) berichtete das die weibliche Ortsvorsteherin verbal auf facebook angegriffen wurde, auch weil sie eine Frau ist – diese Aussage verleitete SPD Mitglieder in der letzten Reihe zu wildem Gejohle und Aussagen wie „was habe sie den geraucht“. Ja, Verkehrswende erhitzt die Gemüter, aber es ist kein Grund sexistisch zu werden, Klimaschutz gegen Einzelhandel zu stellen oder gar Menschen zu beschimpfen. Zwar wurde sich für das oben genannte Zitat auf Anforderung der Stadtverordnetenvorsteherin entschuldigt, trotzdem blieb der Vorfall Thema in der Fahrradbügeldebatte.

Wir haben dem Antrag zugestimmt, da diese Maßnahme ohnehin evaluiert worden wäre, ob mit oder ohne diesen Antrag.

 

Armuts- und Reichtumsbericht, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Schnell ging es bei dem Punkt 12. „Armuts- und Reichtumsbericht erstellen“ unser Antrag, wirklich gut eingebracht durch unsere Stadtverordnete Jenny.

Außer uns findet es keiner nötig und sinnvoll einen Armuts- und Reichtums Bericht von einer unabhängigen Stelle erstellen zu lassen. Es gäben bereits den Pakt gegen Armut und SPD wie auch Grünen reicht das.

Trotz 18% Armutsquote in Kassel sind die andern Parteien nicht bereit Maßnahmen über dem Pakt gegen Armut hinaus zu ergreifen. Daher haben nur wir unserem Antrag zugestimmt.

 

Gründung einer SEK-I-Schule im Kasseler Osten, Mehr dazu im Bürgerinformationssystem der Stadt

Die Gründung einer SEK-I-Schule im Kasseler Osten SPD war der letzte Punkt auf der TO I, aber auch hier kochten die Gemüter über. Verständlich, wenn die SPD in Regierungsverantwortung im Jahre 2016 die Schließung der Einzigen weiterführenden Schule in Bettenhausen mitträgt und jetzt in der Opposition die Gründung einer neuen Schule fordert.

Da kommen schnell die Vorwürfe, dass es sich um Wahlkampfgebaren handele. Dies weist die SPD natürlich weit von sich. Bleibt die Frage, warum dieser Antrag nichts schon letztes Jahr kam, als die SPD noch Teil der Regierung war und das Projekt hatte anstoßen können. Steigende Schüler:innenzahlen sind nämlich nichts Neues aus dem Jahre 2023.

Unser Stadtverordneter Lutz betont, das gerade sozial- und infrastrukturell benachteiligte Stadtteile eine wohnortnahe Schulversorgung mit Anbindung an soziale Träger brauchen.

Die CDU sagt, das wird alles schon werden und die Grüne sind der Meinung, dass es keine neue Schule im Kasseler Osten brauche, zumindest nicht mit den derzeitigen Planungszahlen.

Eine weitere hitzige Debatte endete damit, dass der Antrag in den Schulausschuss überwiesen wird. Auf Antrag der SPD, auch wir geben unsere Zustimmung zu der Überweisung.